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Vol spécial

CH 2011, 100 Min., F/d, Regie: Fernand Melgar, Dokumentarfilm

Vol spécial

Rezension von Doris Senn

„Vol spécial“ gibt Einblick in ein Ausschaffungsgefängnis in Genf. Ein erschütterndes Manifest im Zeichen der Unmenschlichkeit, aber auch der Menschlichkeit.

Der welsche Regisseur Fernand Melgar taucht in seinem neusten Dokfilm, „Vol spécial“, ein in die Realität von inhaftierten Illegalen in der Schweiz. Im Genfer Zentrum Frambois stranden Sans-Papiers und glücklose Asylbewerber, die ausgeschafft werden sollen. Hier verbringen sie ihre letzten Wochen und Monate vor der Zwangsrückkehr, hier loten sie ihre allerletzten Möglichkeiten aus – oft im Wissen darum, dass am Ende der „Vol spécial“ droht: ein „Sonderflug“, mit dem sie – geknebelt und unter Polizeigewahrsam – ins Ursprungsland zurückgebracht werden.

Schlaraffenland auf Zeit
Ihre Zeit dort können die Gefangenen – die kein weiteres Verbrechen begangen haben, als sich illegal in der Schweiz aufzuhalten – mit Arbeit, im Fitnessraum (tatsächlich haben die meisten Insassen perfekt gestählte Bodys), mit Kochen, Musik oder Beten verbringen. Ein kleines absurdes Schlaraffenland, das keinen Wunsch unerfüllt lässt – ausser dem einen: in der Schweiz bleiben zu können. Die Insassen sind ein überschaubares Grüppchen Männer, vorwiegend aus Schwarzafrika, aber auch aus Ex-Jugoslawien, die teilweise schon Jahre, wenn nicht Jahrzehnte in der Schweiz verbracht, sich nicht selten eine Familie aufgebaut, Steuern und AHV gezahlt haben – und die nicht aufhören, auf ein Wunder zu hoffen. In der Regel vergeblich.

Warten im Limbus
Melgars Film greift nun ein paar der Charaktere heraus – sowohl von denen, die in Frambois inhaftiert sind, wie von denen, die dort arbeiten. Die Wärter und der Direktor sind sich ihrer heiklen Mission bewusst und gehen entsprechend umsichtig und jovial zu Werke. Melgar gelingt es dabei, Empathie herzustellen – und zwar zu Inhaftierten und Beamten gleichermassen –, ohne moralisch zu werden oder voyeuristisch zu sein. Gleichzeitig schafft er es, Verständnis für die Dilemmas beider Seiten zu schaffen, ohne in gut und böse, in richtig oder falsch unterteilen zu müssen. Eine Gratwanderung, die aber auch bereits als ambivalent interpretiert wurde und Kontroversen ausgelöst hat.

Kamera als objektive Instanz
Wie schon in seinen früheren Filmen (u.a. „La forteresse“, 2008, über ein Empfangszentrum für Asylbewerber oder „Exit – le droit de mourir“ über die Schweizer Sterbehilfeorganisation „Exit“) verzichtet Melgar auch hier auf jeglichen Kommentar und setzt einzig die Kamera (Denis Jutzeler) als unmittelbare und intime Zeugin ein. Entstanden ist daraus ein ebenso berührendes wie aufrüttelndes Manifest, das deutlich macht, dass an dieser Schnittstelle zwischen Vollzug und Migration eigentlich nur die Falschen bestraft werden – als willkürliche Opfer eines Ungleichgewichts zwischen Süd und Nord und Ost und West – und das wiederum mittels Beamten, die letztlich nur Ausführende eines politischen Systems sind.

Kritiken

National International
- Michael Sennhauser in sennhausersfilmblog.ch - Andreas Scheiner für zeit.de
- Silvia Süess für woz.ch  
- Jonas Ulrich für outnow.ch  
- Charles Martig für medientipp.ch  
   
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