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Am 11. März im Xenix: SATANTANGO - 7 Stunden Kino

SATANTANGO

von: Kino Xenix; aufgeschaltet am 01.03.2012 18:34

Wenn eine Handvoll Kühe am Anfang von SÁTÁNTANGÓ aus einem Stall tritt und über sumpfige Wege durch das menschenleere Dorf stapft, hat sich die melancholische Grundstimmung des Opus magnum unter dem Eindruck ineinander übergehender Klänge von Windpfeifen, Kuhblärren, Glockengeläute und einer Komposition von Mihály Víg (ungarischer Komponist, Dichter, Songwriter und Sänger) bereits im Kinosaal ausgebreitet. In den nun folgenden Plansequenzen erzählt Béla Tarr die Geschehnisse in einer in Auflösung begriffenen Kolchose: von Schmidt und Kráner, die mit dem noch vorhandenen Geld abhauen wollen, ohne es mit den anderen zu teilen, von Futaki, der ein Verhältnis mit Schmidts Frau hat, oder von den beiden Mysteriösen Gestalten Irimiás (Mihály Víg) seinem Gehilfen Petrina, die sich dem Gehöft nähern. Und immer wieder gewährt Tarr anhand wahrhaftiger Figuren präzise Einblicke in die Bedingungen des Menschseins: der ehemalige Direktor, der aus seiner ungeheizten Hütte heraus die Gegend beobachtet, sich besäuft, zusammenbricht und sich auf einen Gang durch das Dorf und den Eisregen aufmacht; ein von ihrem Bruder um ihre Münzen betrogenes Mädchen, das sich auf dem Dachboden einer leeren Scheune an einer unschuldigen Katze rächt.

Das auratische Werk entwickelt dank der unvergleichlichen Ruhe seiner Erzählung, dem Reichtum und der Schönheit seiner Bilder einen unwiderstehbaren Sog – trotz der epischen Länge von über sieben Stunden, der Melancholie und dem düsteren Stoff von Gier, unerfüllten Sehnsüchten, Liebesentzug und enttäuschten Heilserwartungen. Das dem Film zugrunde liegende Buch mit den inneren Monologen der Bauern, in denen Franz Kafka, Thomas Bernhard und Beckett anklingen, schrieb der ungarische Schriftsteller Lásló Krasznahorkai bereits im Jahre 1985. Die Verfilmung, die sich in den Neunzigerjahren über zwei Jahre mit 120 Drehtagen hinzog, gelang Béla Tarr erst nach seiner Ausreise aus Ungarn und dem Zusammenbruch des Ostblocks. Wie das Buch (inspiriert durch den Tango mit sechs Schritten vorwärts und sechs Schritten zurück) ist der Film in 12 Teile gegliedert. In einem einfachen Schritt zurück in der Zeit und in der Schilderung desselben Ereignisses aus einem anderen Blickwinkel, erreicht der Film besondere Höhepunkte. Béla Tarr meint zu seinem Film, alles, was es brauche, ihn zu verstehen, seien die eigenen Augen. Tatsächlich bietet der Film eine genuine Kinoerfahrung, die den ausharrenden Zuschauer «Zeit» neu erfahren lässt, und Bilder schenkt, die man nicht mehr so schnell vergisst.

11. März 2012, 13.30 Uhr im Kino Xenix, Zürich, mit zwei Pausen und ungarischer Gulasch-Suppe an der Bar

xenixSPAMFILTER@xenix.ch
Kino Xenix, Satantango