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'Allein machen sie dich ein'

'Allein machen sie dich ein'

Eine filmische Dokumentation der Zürcher Häuserbewegung in acht Teilen (1979 – 1994)

Teil 7 und 8: Donnerstag, 1.4. in der Aktionshalle der Roten Fabrik in Zürich, Türöffnung 19.00 Uhr

20.00 Uhr, Teil 7, Autonome Kultur Werkstatt, Mai 1991 – Ende 1992
AKW Wohlgroth, Bäckerstrasse, Kanzlei, Platzspitzräumung

21.30 Uhr / Teil 8, Sonne im Hof, 1993
AKW Wohlgroth, Heinrichstrasse, Besetzungen 1994

www.zureich.ch

Zu Teil 7:
Die autonome Kulturwerkstatt Wohlgroth stellt den Höhepunkt des Lebens und der Kultur in den besetzten Häusern dar. Hier findet während 21/2 Jahren (Mai 91 –November 93) vieles Ausdruck, was sich innerhalb eines einzelnen Hauses nicht umsetzen lässt. Raum zum ausprobieren, eine Oase inmitten der boomenden ‚little big city’. Ein Ort, ohne kommerziellen Druck, der vielen MusikerInnen und KünstlerInnen die Plattform für erste Auftritte bietet.
Hier findet die erste Techno-Party Zürichs statt, die Gebrüder Freitag produzieren in einer Ecke ihre ersten Taschen, in einer Garage wird das erste Züri-Bier nach dem Niedergang der stolzen Stadtbrauereien hergestellt,….

Während die AKW Wohlgroth blüht geht das Quartierzentrum Kanzlei ein. Zwei Abstimmungen gehen verloren, mit denen der Betriebskredit verlängert werden sollte. Typisch für dieses Projekt, dass es keinen Tag länger besteht, als dass die städtischen Subventionen flossen.
Die Polit-Szene, welche dem Abstimmungskampf meist gleichgültig gegenüber gestanden ist, verschafft ihrem Unmut in einer kurzen Kampagne ‚Räume statt Räumungen’ Luft. Mehreren grössere Demonstrationen folgen aber keine weiteren Taten.

Der Platzspitz wird definitiv geschlossen, ohne dass sich die städtische Drogenpolitik wesentlich geändert hätte. Die vertriebenen Junkies ergiessen sich in die Hinerhöfe der Kreise 5 und 6. Der einzige Erfolg der polizeilichen Verfolgungsjagden besteht darin, dass sich die Drogenszene in die benachbarten Quartiere verlagert. Wie fast zehn Jahre früher am Platzspitz – einfach 400 Meter weiter westlich – lassen sich die Junkies auf einer wenig benutzten Brache nieder: Den stillgelegten Geleisen des Bahnhof Letten.

Zu Teil 8:
Die AKW Wohlgroth ist in der Zwischenzeit massiv gewachsen. Die BewohnerInnen der umliegenden Häuser sind im Frühling alle ausgezogen. Die Häuser stehen nicht lange leer und im Frühsommer 93 leben gegen 120 Personen in der AKW Wohlgroth. Es ist allen klar, dass das Ende näher rückt und die BesetzerInnen sind den ganzen Sommer und Herbst sowohl in den Medien als auch auf der Strasse präsent mit farbigen und phantasievollen Aktionen und Stellungnahmen.
Die Räumung können sie dennoch nicht verhindern. Das Angebot von Bührle-CEO Widmer, in eine kleine Fabrik in Zürich-Nord umzuziehen, lehnen sie dankend ab. Stattdessen geben sie die Schlüssel in einer spektakulären Presskonferenz an andere Theatergruppen weiter.

Den BewohnerInnen der Heinrichstrasse 137 erreichen, dass die Stadt nach dem Bankrott des Spekulanten Von Känel die Liegenschaft übernimmt: Die städtische Stiftung PWG schliesst mit den BewohnerInnen nach zermürbenden Verhandlungen Einzelmietverträge ab. Die BewohnerInnen erleben am in aller Schärfe die Höhen und Tiefen der Legalisierung. Doch waren ihre Bemühungen wenigstens von Erfolg gekrönt: Die Heinrichstrasse wird noch heute (2009) als kollektiver Wohnraum genutzt.

Diese Filmreihe dokumentiert die Geschichte der zürcher Häuserbewegung anhand des gefundenen Originalmaterials von Filmen, Fotografien, Zeitungen und Radiosendungen. Die Musik besteht grösstenteils aus Aufnahmen von zürcher Bands (z.T. unveröffentlicht), sowie aus besetzten Häusern:

Der zeitliche Schwerpunkt liegt in den Jahren 1979 – 1994. Sie sind im 1. Teil um eine Rückblende auf die wichtigsten Ereignisse der 60er und 70er erweitert worden.
Das AJZ und die AKW Wohlgroth stehen am Anfang und am Ende dieser ausführlichen Dokumentation. Weder die 80’er-Bewegung noch die Besetzung der Wohlgroth-Fabrik fielen vom Himmel. Beide verfügen über eine vielfältige Vorgeschichte, die eindrücklich erzählt werden kann.
Dazwischen liegen die vielseitigen Aktivitäten des zürcher Häuser-Netzes (Herbst 86 bis Ende 87) und der kurze Frühling der 89’er Wohnungsnotbewegung. Das Netz war ein Zusammenschluss mehrerer bedrohter Orte (Schmiede Wiedikon, Hüttisstrasse, das Dreieck, Albisstrasse, Höschgasse, …). Ende der 80er Jahre waren die meisten bereits dem Baggerzahn zum Opfer gefallen. Es war praktisch unmöglich geworden, in grösseren Gruppen legalen Wohnraum - zur Miete oder im Baurecht - zu finden.
Die akute Wohnungsnot und die in in die Wolken schiessende Spekulation bildeten 1989 den Rahmen für einen Wendepunkt in der Häuserbewegung:
Die BesetzerInnen haben sich einen eigenen Lebensraum erobert. Seither gibt es in Zürich ständig mehrere besetzt Häuser. Die ersten länger bestehenden Gruppen formierten sich um ehemalige BewohnerInnden der Netz-Häuser, welche ihre kollektiven Wohnformen nicht aufgeben wollten.

Bis Ende der 80er ist versucht worden, eigene Lebens- und Kulturräume in Zusammenarbeit mit den städtischen Behörden oder mit deren Unterstützung zu erhalten. Nach mehreren fruchtlosen Versuchen (Globus-Provisorium, Bunker, Schigu, AJZ) wird ab Ende der 80er Jahre in steigendem Masse darauf verzichtet und der gewünschte Raum (meist) ungefragt besetzt. Im Gegenzug duldet die Stadtregierung diese Besetzungen und ermöglicht so die Entstehung verschiedener Oasen.

Durch die ganze Filmreihe zieht sich auch die Geschichte der Drogenszene – der Gasse. Die Geschichte der Häuserbewegung wäre unvollständig ohne sie. Sei es im AJZ, in der Wohlgroth oder in grösseren Wohnprojekten (besetzt oder legal): Alle mussten Stellung beziehen, wie sie zum Umgang mit illegalen Drogen standen, welchen Platz die KonsumentInnen dieser Drogen beanspruchen konnten