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Les Barbares

FR 2024, F/d, 104', Regie: Julie Delpy, mit Julie Delpy, Sandrine Kiberlain, Laurent Lafitte

Les Barbares

Filmkritik von Walter Gasperi

Ein Dorf in der Bretagne will ukrainische Flüchtlinge aufnehmen, doch stattdessen kommt überraschend eine syrische Familie: Julie Delpy gelingt ein großartiger Mix aus Komödie und Drama, in dem gleichzeitig bissig mit Vorurteilen und Rassismus abgerechnet und bewegend von einem Flüchtlingsschicksal erzählt wird.

Das Insert "Es war einmal …" kündigt ein Märchen an, doch mögen auch Figurenkonstellation und Handlung in July Delpys achtem Spielfilm märchenhaft sein, so ist der Film im Kern doch fest verankert in der sozialen Realität und aktuellen Problemen.

Biss entwickelt "Les Barbares" dabei schon dadurch, dass die fünf Akte, in die Delpy ihre Geschichte gliedert, jeweils mit einem Historienbild eingeleitet werden, die an die Geschichte französischer Religions- und Kolonialkriege und damit an den Gedanken der Überlegenheit einer Religion oder der weißen Rasse erinnern. In Kontrast dazu scheint die Willkommenskultur der Gegenwart zu stehen, mit der die in der Bretagne gelegene und real existierende Gemeinde Paimpont ukrainische Flüchtlinge aufnehmen will.

Der Bürgermeister konnte im Gemeinderat nicht nur eine Mehrheit dafür gewinnen, sondern auch den rechtsnationalen rassistischen Klempner des Orts zur Zustimmung bewegen. Nun will er sich und die wohltätige Haltung medienwirksam in einer TV-Reportage präsentieren. Bissig deckt so die 56-jährige Regisseurin im Wechselspiel von TV-Bildern und echten Filmbildern die mediale Inszenierung auf, mit der ein geschöntes, die Realität verzerrendes Bild konstruiert wird.

Deutlichen Dämpfer erhält die Begeisterung der Bewohner:innen, als ihnen mitgeteilt wird, dass alle ukrainischen Flüchtlinge schon anderswo untergebracht werden konnten und Paimpont mit syrischen Flüchtlingen vorliebnehmen müsse. Vorurteile über Terroristen und verschleierte Frauen machen die Runde, auch Kommunikationsprobleme werden erwartet, weshalb aus einer benachbarten Stadt ein arabisch sprechender Bankbeamter geholt wird. – Doch im Gegensatz zu den Erwartungen und den Ängsten vor den titelgebenden Barbaren entpuppen sich die Neuankömmlinge als weltoffen, gebildet und freundlich.

Während sich ein französischer Jugendlicher so bald für die etwa gleich alte Tochter der syrischen Familie interessiert, macht der rassistische Klempner aber gegen die Flüchtlinge Stimmung. Ihn stört nicht nur, dass ihnen kostenlos eine Wohnung gestellt wird, sondern sieht auch die bretonischen Eigenheiten bedroht, die er verteidigen will, obwohl er selbst doch zur Hälfte Elsässer ist. Diesem Le Pen-Wähler will aber wieder der alte Kommunist der Stadt eins auswischen, indem er der Familie sein verfallendes Bauernhaus um einen Euro überlässt.

Unermüdlich kämpft auch die Lehrerin Joëlle (July Delpy) für die Familie, doch der Vorwurf, dass sie ihre Schüler:innen im Unterricht manipuliert, scheint nicht ganz unberechtigt. Auch ihr Gutmenschentum wird so einem ironisch-kritischen Blick unterzogen, der verhindert, dass diese Protagonistin zu einer zu glatten Identifikationsfigur wird.
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