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75. Locarno Film Festival: Goldener Leopard für "Regra 34 – Rule 34" – Ein Resümee

75. Locarno Film Festival: Goldener Leopard für "Regra 34 – Rule 34" – Ein Resümee

Von Walter Gasperi

Mit dem Goldenen Leoparden für "Regra 34 – Rule 34" der Brasilianerin Julia Murat und drei Preisen für "Tengo sueños eléctricos" der Costa Ricanerin Valentina Maurel sind lateinamerikanische Filmemacherinnen die großen Siegerinnen eines niveauvollen Wettbewerbs. Herausragende Produktionen fehlten allerdings.

Zweifellos ein hochaktueller Film ist "Regra 34 – Rule 34". Julia Murat erzählt darin von einer farbigen Jus-Studentin, die im öffentlichen Bereich Missbrauch von Frauen anprangert, den sie als Folge der chauvinistischen Gesellschaft sieht. Im Privaten lebt sie ihre sexuellen Interessen als Webcam-Girl aus und findet dabei zunehmend auch an Sado-Maso-Praktiken, die sich von Würgespielen bis zum Einsatz von Messer und Glas steigern, Gefallen. – Oberstes Prinzip ist dabei freilich die Selbstbestimmung.

Spannend ist der Film in der Gegenüberstellung der beiden Ebenen, aber doch auch etwas theorielastig in den Diskussionen im Hörsaal, denen die Aktivitäten vor der Webcam gegenüberstehen. Etwas zu kurz kommt bei diesem Diskurs vielleicht doch eine echte Filmhandlung.

Mit drei Preisen zeichnete die vom Schweizer Produzenten Michel Merkt geleitete Jury das Coming-of-Age-Drama "Tengo sueños eléctricos" der Costa Ricanerin Valentina Maurel aus. Neben dem Preis für die beste Regie für Maurel gab es dafür auch Darstellerpreise für Daniela Marin Navarros Verkörperung der neugierig ihre erwachende Sexualität entdeckenden 16-jährigen Eva sowie für Reinaldo Amien Gutierrez für seine Darstellung von Evas cholerischem Vater.

Der Spezialpreis der Jury ging doch etwas überraschend an die italienische Komödie "Gigi la legge", in der Alessandro Comodin den ereignislosen Streifenfahrten eines Landpolizisten folgt.

Der Fipresci-Preis der Jury der Filmkritiker*innen ging dagegen an das bildstarke, aber in seiner Verknappung auch rätselhafte malaiische Drama "Stone Turtle", während die Ökumenische Jury ihren Preis an den Dokumentarfilm "Tales of the Purple House" vergab. Drei Stunden begleitet der libanesisch-irakische Filmemacher Abbas Fahdel darin seine Frau, eine Malerin durch die Zeit von 2019 bis 2022 und pendelt immer wieder zwischen Privatem wie dem ruhigen Leben im malvenfarbenen Haus und Öffentlichem von der Corona-Pandemie über die große Explosion im Hafen von Beirut und Demonstrationen gegen die Regierung bis zur Situation syrischer Flüchtlinge.

Der Publikumspreis für den besten Film auf der Piazza ging schließlich an die Tragikomödie "Last Dance", während der Variety Piazza Grande Award an "Annie colère" ging, in dem Blandine Lenoir vom Kampf für die Legalisierung der Abtreibung im Frankreich der 1970er Jahre erzählt.
Weiter zur ganzen Filmkritik auf film-netz.com

Preise

INTERNATIONALER WETTBEWERB  
Goldener Leopard REGRA 34 (RULE 34)
von Julia Murat, Brasilien/Frankreich
Spezialpreis der Jury GIGI LA LEGGE
von Alessandro Comodin, Italien/Frankreich/Belgien
Preis für die beste Regie Valentina Maurel für TENGO SUEÑOS ELÉCTRICOS
Belgien/Frankreich/Costa Rica
Beste Darstellerin Daniela Marín Navarro für TENGO SUEÑOS ELÉCTRICOS
von Valentina Maurel, Belgien/Frankreich/Costa Rica
Bester Darsteller Reinaldo Amien Gutiérrez für TENGO SUEÑOS ELÉCTRICOS
von Valentina Maurel, Belgien/Frankreich/Costa Rica
   
WETTBEWERB "CINEASTI DEL PRESENTE"  
Goldener Leopard SVETLONOC (NIGHTSIREN)
von Tereza Nvotová, Slowakei/Tschechien
Preis für die beste Nachwuchsregie Juraj Lerotić für SIGURNO MJESTO (SAFE PLACE), Kroatien
Spezialpreis der Jury YAK TAM KATIA? (HOW IS KATIA?)
von Christina Tynkevych, Ukraine
Beste Darstellerin Anastasia Karpenko für YAK TAM KATIA? (HOW IS KATIA?)
von Christina Tynkevych, Ukraine
Bester Darsteller Goran Marković für SIGURNO MJESTO (SAFE PLACE)
von Juraj Lerotić, Kroatien
   
FIRST FEATURE  
Preis für den besten Debütspielfilm SIGURNO MJESTO (SAFE PLACE)
von Juraj Lerotić, Kroatien
Lobende Erwähnung LOVE DOG di Bianca Lucas,
Polen/Mexiko/USA
Ex-aequo DE NOCHE LOS GATOS SON PARDOS
von Valentin Merz, Schweiz
   
KURZFILMWETTBEWERB "PARDI DI DOMANI"  
Internationaler Wettbewerb  
Goldener Leopard für den besten Autorenkurzfilm BIG BANG
von Carlos Segundo, Frankreich/Brasilien
Goldener Leopard für den besten internationalen Kurzfilm SOBERANE (SOVEREIGN)
von Wara, Kuba
Silberner Leopard BUURMAN ABDI (NEIGHBOUR ABDI)
von Douwe Dijkstra, Niederlande
Beste Regie HARDLY WORKING
von Total Refusal, Österreich
Preis der Medien Patent Verwaltung AG MULIKA
von Maisha Maene, Demokratische Republik Kongo
Besondere Erwähnung MADAR TAMAME ROOZ DOA MIKHANAD (MOTHER PRAYS ALL DAY LONG)
von Hoda Taheri, Deutschland
Kurzfilm vom Locarno Film Festival, der für die European Film Awards kandidiert BUURMAN ABDI (NEIGHBOUR ABDI)
von Douwe Dijkstra, Niederlande
   
Nationaler Wettbewerb  
Goldener Leopard EURIDICE, EURIDICE
von Lora Mure-Ravaud, Schweiz/Frankreich
Silberner Leopard DER MOLCHKONGRESS
von Matthias Sahli, Immanuel Esser, Schweiz
Preis für das beste Schweizer Nachwuchstalent HEARTBEAT
von Michèle Flury, Schweiz
   
PARDO VERDE WWF  
Pardo Verde WWF MATTER OUT OF PLACE
von Nikolaus Geyrhalter, Österreich
Lobende Erwähnung É NOITE NA AMÉRICA (IT IS NIGHT IN AMERICA)
von Ana Vaz, Italien/Frankreich/Brasilien
Ex-aequo BALIQLARA XÜTBƏ (SERMON TO THE FISH)
von Hilal Baydarov, Aserbaidschan/Mexiko/Schweiz/Türkei
   
PIAZZA GRANDE  
Publikumspreis LAST DANCE
von Delphine Lehericey, Schweiz/Belgien
Variety Award ANNIE COLERE
von Blandine Lenoir, Frankreich
   
UNABHÄNGIGE JURIES  
Preis der Ökumenischen Jury TALES OF THE PURPLE HOUSE
von Abbas Fahdel, Libanon/Irak/Frankreich
FIPRESCI-Preis STONE TURTLE
von Ming Jing-Woo, Malaysia/Indonesien