Les Cinq Diables

FR 2022, F/d, 97', Regie: Léa Mysius, mit Adèle Exarchopoulos, Daphne Patakia, Noée Abita

Les Cinq Diables

Filmkritik von Walter Gasperi

Mit ihrem zweiten Spielfilm gelingt Léa Mysius ein vielschichtiger Genre-Hybrid, in dem die Französin Mystery-Elemente mit Liebes- und Familienfilm verbindet: Perfekt konstruiertes, aufregendes modernes Kino, das sich in keine Schublade pressen lässt.

Am raffinierten Aufbau von "Les cinq diables" sieht man die Erfahrung von Léa Mysius im Schreiben von Drehbüchern. Bei Arnaud Desplechins "Les fantômes d'Ismaël" (2017) und "Roubaix, une lumière" (2019) hat die 34-jährige Französin in dieser Funktion ebenso mitgearbeitet wie an André Téchinés "L´adieu à la nuit" (2019), Jacques Audiards "Les Olympiades – Wo in Paris die Sonne aufgeht" (2021) und Claire Denis´ "Stars at Noon" (2022).

Wie bei Mysius´ vielfach ausgezeichnetem Debüt "Ava" (2013) steht wieder ein ungewöhnliches Mädchen im Mittelpunkt – und wieder spielt einer der fünf Sinne eine zentrale Rolle. Litt in "Ava" die 13-jährige Protagonistin nämlich an einer unheilbaren Augenkrankheit, so verfügt in "Les cinq diables" die achtjährige Vicky (Sally Dramé) über ein außergewöhnliches Geruchsvermögen. Mit verbundenen Augen kann sie so ihre Mutter Joanne (Adèle Exarchopoulos) im Wald über eine Distanz von rund 20 Meter zielsicher finden oder riecht bei deren Notizbuch nicht nur das Papier, sondern auch die Kaffeeflecken und das Schwimmbad, in dem die Mutter arbeitet.

Wie mit dieser besonderen Gabe erzeugt Mysius aber noch, bevor die Bilder einsetzen, mit Musik und Sounddesign die Stimmung eines Mystery-Thrillers. Die Vorstellung eines Brandes, die hier geweckt wird, bestätigt sich mit dem ersten Bild, bei dem Vickys Mutter im glitzernden Turndress vor einem im Hintergrund lodernden Feuer direkt in die Kamera blickt. Erst spät wird der Film zu dieser Szene zurückkehren, doch vorgegeben wird damit die entscheidende Rolle, die der Blick immer wieder spielt.

Wenn die Kamera nach diesem Auftakt in Flugaufnahme einem Wagen durch ein Tal zu einer kleinen Stadt in den französischen Alpen folgt, kann das gleichzeitig schon Erinnerungen an die Fahrt zum Overlook-Hotel in Stanley Kubricks "Shining" wecken. Kein Zufall ist diese Ähnlichkeit, denn wie in Kubricks Horrorfilm, wird auch in "Les cinq diables" die Sehergabe bald eine zentrale Rolle spielen.

In dieser Alpenstadt lebt Vicky mit ihrer Mutter, die im Schwimmbad als Bademeisterin arbeitet und in der Freizeit immer wieder im eiskalten See schwimmt, und ihrem aus dem Senegal stammenden Vater Jimmy (Moustapha Mbengue), der Feuerwehrmann ist. Gegensätze prallen dabei nicht nur mit Wasser und Feuer, sondern auch mit der weißen Hautfarbe der Mutter und der schwarzen des Vaters aufeinander, doch werden diese nicht forciert.

Immer wieder erinnert der Blick auf ein Hochzeitbild an eine glückliche Zeit des Paares, doch die Liebe ist inzwischen erkaltet. Bewegung kommt in das Familiengefüge, als Jimmys jüngere Schwester Julia (Swala Emati) nach zehn Jahren Abwesenheit in die Stadt zurückkehrt und ganz gegen den Willen Joannes im Haus einzieht.

Auch Vicky möchte diese Tante schnell wieder loswerden, da sie Angst hat von ihr verdrängt zu werden. Wie die Düfte ihrer Mutter sammelt sie auch die Julias in Einmachgläsern. Wenn sie daran riecht, wird sie ohnmächtig und taucht in Visionen – oder einer Zeitreise - in Julias Vergangenheit und die ihrer Eltern ein.
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