Green Border

PL 2023, OV/df, 147', Regie: Agnieszka Holland, mit Tomasz Włosok, Dalia Naous, Mohamad Al Rashi

Green Border

Filmkritik von Walter Gasperi

Agnieszka Holland erzählt aufrüttelnd vom brutalen und menschenverachtenden Vorgehen der Wachen an der belarussisch-polnischen Grenze gegen Migrant:innen: Ein wütender Film, der wütend macht, aber mit engagierten Aktivist:innen auch Beispiele für menschliches Handeln zeigt und Hoffnung macht.

Heftig kritisiert wurde Agnieszka Holland für ihren beim Filmfestival Venedig mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichneten Spielfilm in ihrer Heimat von Mitgliedern der damals noch regierenden, rechtsnationalen PiS Partei ebenso wie von Staatspräsident Andrzej Duda. Auch im Internet schlug der Altmeisterin Hass entgegen und eine antipolnische Haltung wurde ihr unterstellt. Ganz verwundern kann dies kaum, denn gut kommen die polnischen Grenzbehörden und auch Teile der polnischen Bevölkerung wirklich nicht weg.

Die endlosen Wälder an der belarussisch-polnischen Grenze sind in der ersten Einstellung zwar noch leuchtend grün, wenn die Drohnenkamera über sie hinwegfliegt, doch noch während dieses Kameraflugs geht mit dem Insert "Oktober 2021, Europa" die Farbe in Schwarzweiß über. Diese farbliche Reduktion verleiht "Green Border" einerseits einen stark dokumentarischen Anstrich, andererseits lenkt dadurch kein Farbtupfer ab, sondern der Fokus liegt ganz auf den menschlichen Schicksalen.

Mit einem Schnitt wechselt Holland in eine Passagiermaschine, die eine syrische Familie, die aus ihrer umkämpften Heimatstadt Harasta vor dem IS geflohen ist, aber auch eine afghanische Englischlehrerin von der Türkei in die belarussische Hauptstadt Minsk bringt. Die Flugbegleiter:innen verteilen bei der Landung zwar Rosen, doch die Flüchtlinge wissen nicht, dass sie nur Spielbälle des belarussische Präsidenten Lukaschenko sind.

Dieser versucht die EU zu destabilisieren, indem er sein Land als Durchgangsstation anbietet. Die Flüchtlinge werden angelockt, indem ihnen vorgegaukelt wird, dass sie über Belarus wesentlich leichter als über den gefährlichen Seeweg quasi durch die Hintertür illegal nach Polen und damit in die EU einreisen können.

Während die Afghanin auf Asyl in Polen hofft, will die syrische Familie zu ihrem Verwandten nach Schweden. Während aber nun die belarussischen Grenzsoldaten die Flüchtlinge, nachdem sie ihnen noch Geld abgenommen haben, durch die Stacheldrahtgrenze nach Polen treiben, packen die polnischen Grenzwachen die Flüchtlinge, die sie zynisch als "Touristen" bezeichnen, sobald sie sie in den Wäldern aufgegriffen haben, in ihre Lastwagen und bringen sie wieder über die Grenze zurück.

Hautnah ist die bewegliche Kamera von Tomek Naumiuk an der syrischen Familie dran, versetzt unmittelbar ins Geschehen und fängt mit schonungsloser Härte nicht nur die Not und Bedürftigkeit der Flüchtlinge, sondern vor allem die Menschenverachtung und Brutalität der Grenzsoldaten ein.

Hier wird geschlagen, Wasser verweigert oder um den Horrorpreis von 50 Euro verkauft oder der Glaskörper einer Thermoskanne wird zerschlagen, um dann die Flasche einem unwissenden Flüchtling zum Trinken zu geben. Aber auch auf die polnische Bevölkerung fällt kein gutes Licht, wenn ein Bauer der Afghanin zwar zunächst einen Apfel gibt, aber sogleich auch das Handy zückt, mit dem er wohl die Grenzwachen verständigt.
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Kritiken

National International
- Simon Eberhard für outnow.ch - Patrick Frey für kino-zeit.de
- Florian Bayer für tagblatt.ch - Janick Nolting für filmstarts.de
- Hanspeter Stalder für der-andere-film.ch - Jessica Kiang für variety.com
- Brigitte Häring für srf.ch - Wendy Ide für screendaily.com
- Irene Genhart für cineman.ch - Leslie Felperin für hollywoodreporter.com
  - Peter Bradshaw für theguardian.com
  - Brian Tallerico für rogerebert.com
   
Verleiher
Trigon Film

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