Filmstelle präsentiert "Apocalypto" / Archiv / Kinoevents / User-Beiträge / Home / 451°F - Filmportal für Filmschaffende

RUBRIKEN

KINO

UNTERSTÜTZE UNS

Damit wir das Projekt 451° Filmportal aufrecht erhalten können, sind wir auf deine Spende angewiesen. Vielen Dank!

PARTNER

Filmstelle präsentiert "Apocalypto"

von: filmstelle; aufgeschaltet am 11.05.2008 13:54

Dienstag 13.05.2008
StuZ2, Universitätstrasse 6 CAB.
Filmvorführung um 2000 Uhr. Kasse/Bar ab 1930 Uhr. Eintritt 5 CHF.
www.filmstelle.ch, contact@filmstelle.ch.


USA 2006
139 Minuten, 35mm, Ov/d/f
Regie: Mel Gibson
Buch: Mel Gibson, Farhad Safinia
Kamera: Dean Semler
Schnitt: John Wright
Musik: James Horner
DarstellerInnen: Rudy Youngblood, Dalia Hernández, Jonathan Brewer, Morris Birdyellowhead, Carlos Emilio Báez, u.a.

Der Dschungel, wie er mal hätte sein können

Der Waldindianer Jaguar Paw lebt mit seiner Sippe im Dschungel Zentralamerikas. Wir sind Zeugen des idyllischen Alltags dieser archaischen Dschungelgesellschaft. Die Männer gehen auf die Jagd, die Frauen schauen im Dorf zu den Kindern, die Alten geben ihre Weisheiten an die Jungen weiter. Doch plötzlich bricht etwas Unheimliches herein in diese Idylle: Die Jäger stossen auf Mitglieder einer benachbarten Gemeinschaft, die etwas so schreckliches erlebt haben, dass sie gar nicht recht darüber berichten können, doch die Angst, die in ihre Gesichter geschrieben ist, macht Erklärungen überflüssig. Man ahnt, dass auch Jaguars Gemeinschaft nicht mehr lange verschont bleiben wird. Und tatsächlich: Sie wird grausam überfallen von einer blutrünstigen Maya-Sippe, Frauen und Kinder werden ermordet oder vertrieben und die Männer in eine Art Stadt verschleppt. Die dort ansässigen urbanisierten Mayas, die unter schlechten Ernteerträgen und Krankheiten leiden, haben die Männer für ihre grausigen Opferriten gesammelt, das Menschenmaterial soll einem Fruchtbarkeitsgott geopfert werden. Doch Jaguar Paw entkommt wie durch ein Wunder, beschützt von einem mythischen Jaguar. Doch es bleibt klar, dass es danach nie mehr sein wird wie zuvor.
Das Kontroverse an Apocalypto ist sein Anspruch auf Authentizität sowie die christliche Erlösungslehre, die der Erzählung unterschwellig zugrunde liegt: Die Protagonisten sprechen «echten» Mayadialekt sind «authentisch» kostümiert. Doch diesem Anspruch wurde heftig widersprochen. Im Film werden die Maya, so der Vorwurf des ethnologischen Instituts der Universität Bonn, als gewaltgeiles, primitives Volk illustriert und von Opfern zu Tätern gemacht, die die Kolonialisierung und Missionierung durch die Spanier selbst zu verschulden hatten. Was diese Ansicht unterstützt, ist das dem Film vorangehende Zitat Will Durants: «Eine grosse Zivilisation kann erst von aussen erobert werden, wenn sie sich von innen bereits selbst zerstört hat.»
Andere lesen den Film als Warnung vor zügelloser staatlicher Tyrannei und als Entlarvung von Angst als politischem Beeinflussungsmittel. Apocalypto ist ein kontroverser Film von einem noch kontroverseren Regisseur. Darum wollen wir unsere Zuschauer dazu auffordern, beim Rezipieren eine kritische Brille aufzusetzen. Doch trotz historischer Ungereimtheiten ist Apocalypto unglaublich spannend gestaltetes Faszinationskino, bei dem man sich in eine andere Zeit versetzt fühlt und in dem der Dschungel durch eine wunderbare Kamera als Ort der Idylle – aber auch der endlosen Gefahren – sehr gut zum Tragen kommt. Ein archetypischer Dschungelfilm also.

Simon Meier