«Willem Dafoe, Vollblutschauspieler» im Oktober im Kino Xenix

Auch nach 42 Jahren und 121 Filmen (Stand Ende August 2022) ist Willem Dafoe so charismatisch unterwegs auf internationalen Sets wie zu Beginn seiner Schauspielkarriere – damals mit seiner höchst eigenwilligen Interpretation des stylishen Bikers Vance in Kathryn Bigelows Langfilm-Regiedebüt «The Loveless» (1981/82). Seine Omnipräsenz auf der Kinoleinwand ist erstaunlich. Er war einfach immer da – und oftmals erste Wahl bei der Besetzung abgründiger, abseitiger, abgefahrener (Einzelgänger-)Rollen, und zwar genauso für engagierte Autorenfilmerinnen und -filmer wie in Blockbustern. Vor allem aber ist er die einzige Wahl für Abel Ferrara bei dessen fortgesetzter Erforschung der männlichen Lebenskrise sowie für Paul Schrader, wenn es einen von dessen durchs Leben driftenden Antihelden mit einem mehrfach gebrochenen beziehungsweise schwer versehrten Aussenseiter zu besetzen gilt.
«Jeder Schauspieler ist einzigartig, aber Willem Dafoe ist es noch mehr», sagte Wim Wenders anlässlich der Verleihung des goldenen Ehrenbären bei der Berlinale 2018 an den äusserst wandlungsfähigen Charakterdarsteller. Der rastlose Mann mit dem markanten Gesicht treibt es mit seiner Kunst so weit, dass man meinen könnte, sein ganzes Leben sei eine einzige Filmrolle und William J. Dafoe spiele den Vollblutschauspieler Willem Dafoe, der wiederum all die unzähligen, meist aus der Gesellschaft gefallenen Figuren verkörperte (was beim Film Tommaso zumindest teilweise zutrifft, in dem die Titelfigur Regisseur Ferrara und Schauspieler Dafoe gleichermassen nachempfunden ist) – von den überirdisch Guten über die vielen Leidensfiguren bis zu den teuflisch Schlechten. Oder ist es blosse Koketterie, wenn Dafoe von sich sagt, privat alles andere als ein Berserker zu sein, nämlich ein unauffälliger Durchschnittstyp, der seine Dämonen nur in Filmrollen von der Leine lasse? Wenn das keine Aufforderung ist, sich Dafoes Filme auf diese Aussage hin anzusehen.
Unsere grosse Retrospektive des faszinierenden Ausnahmeschauspielers umfasst insgesamt 26 Filme, die sich durchs Band gewaschen haben.