Lluvia
Rezension von Irene Genhart
Sie - sie mag um die dreissig sein - steckt mit ihrem Auto im strömenden Regen in der Grossstadt im Stau. Er - wenig älter als sie - taucht quasi aus dem Nichts auf, öffnet die Tür ihres Autos, setzt sich neben sie. Er ist auf der Flucht, an der Hand verletzt, bittet kurz sitzen bleiben zu dürfen. Sie lässt es geschehen, wie man Unerwartetes geschehen lässt, wenn man verdattert ist: Hoch symbolisch beginnt „Lluvia“, der nach „Herencia“ zweite Spielfilm der Argentinierin Paula Hérnandez.
Erzählt wird in der Folge, wie sich die Wege der zwei aus sehr unterschiedlichen Gründen an der Seele Versehrten eine kurze Weile lang kreuzen. Sie ist verheiratet, durchläuft aber eine Phase der Entfremdung und logiert vorübergehend in ihrem Auto. Er hat in Spanien Frau und Kind, ist nach Buenos Aires gekommen um einen ihm fremden, aber nahen Verwandten zu Grabe zu tragen. Ihre Begegnung ist unverbindlich, wie es Zufallsbegegnungen sind. Doch die Unverbindlichkeit ihres Zusammenseins eröffnet ihnen neue Möglichkeiten: Stück für Stück geben sie voreinander preis, lassen aus, was nicht wichtig scheint, belügen sich und finden doch im Gespräch miteinander, ihren launigen Treffen zwischen Auto, Bar, Restaurant und Hotelzimmer in ihre eigenen Schicksale zurück.
Eine Parabel auf die Phase des Lebens, in der die Weichen längst gestellt sind, man aber zurückschaut und das eine oder andere vielleicht etwas anders machen würde, es aber nicht kann, ist „Lluvia“ - eine lebensweise-zärtliche und bescheidene Liebesgeschichte auf Zeit, die vor allem in Bann zieht, weil seine beiden Darsteller - Valeria Bertuccelli und Ernesto Altiero - darin zur Höchstform auflaufen.
(Irene Genhart)
Kritiken
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