Mürners Universum / Archiv / 451° Kinofilmauswahl / Home / 451°F - Filmportal für Filmschaffende

RUBRIKEN

KINO

UNTERSTÜTZE UNS

Damit wir das Projekt 451° Filmportal aufrecht erhalten können, sind wir auf deine Spende angewiesen. Vielen Dank!

PARTNER

Mürners Universum

CH 2010, 83 Min., Dialekt, Regie: Jonas Meier, mit Erwin und Sonja Mürner

Mürners Universum

Rezension von Geri Krebs

Der erste lange Dokumentarfilm des Winterthurers Jonas Meier ist das Porträt eines schrulligen Rentners, das hart an die Grenzen des noch Vertretbaren geht - und das gerade deshalb oftmals zum Schreien komisch ist.

Der Rentner Erwin Mürner ist 77, er lebt zusammen mit seiner etwa gleichaltrigen Frau Sonja in Winterthur und er ist das, was man gemeinhin einen „Messie“ nennt. Die kleine Genossenschaftswohnung in einem typischen schweizerischen Wohnblock aus den 1940erJahren ist mit Stapeln von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften und Ordnern vollgestopft. Der einzige Platz, an dem man sich für ein Gespräch mit ihm treffen kann, ist die Bettkante im Schlafzimmer. Doch Herr Mürner hat Grosses vor. Seit Jahren ist er damit beschäftigt, eine Dokufiktion über Ufos zu realisieren. Frau Mürner unterstützt ihren Mann zwar ein Stück weit in seinem Projekt, doch die Unordnung in der Wohnung stört sie. Manchmal macht sie sich auch etwas Sorgen um ihren Mann, fragt sich - wie sie dem Filmemacher in einer stillen Stunde in der Waschküche gesteht -, ob ihm UFO-Geschichten gut tun.

Reise durch Schweizer Biederkeit

Erwin Mürner hat seinen UFO-Film nie realisieren können, doch dafür hat er die 15 Minuten Berühmtheit erlangt, von denen Andy Warhol einst sprach. Jonas Meiers ziemlich surrealistisches Making-Off hat es möglich gemacht. „Mürners Universum“ ist dabei in erster Linie ein Film über die gemeinsame Einsamkeit im Alter, und es ist eine Reise durch schweizerische Behäbigkeit und Biederkeit. Das ist von oft haarsträubender Komik, ein bizarrer Film zum Sich-Totlachen. Etwa dann, wenn Mürner in einer Winterthurer Altstadtgasse ein Casting veranstaltet („Möchtet Sie nöd au emol debi sii, wenn ä so nän Film entstoht?“). Doch gleichzeitig bleibt einem bei solchen Szenen das Lachen im Hals stecken wie noch selten bei einem Schweizer Dokumentarfilm. Und es stellt sich die banale Frage: Darf man das?

Skurriler Humor

Der Grundsatz, dass man als Medienschaffender auch darauf achten muss, gewisse Leute vor sich selber zu schützen, scheint in „Mürners Universum“ nur bedingt zu gelten. Und doch ist es nicht so einfach. Denn wer, wie der Schreibende, die Gelegenheit hatte, den Jungfilmer und seinen Protagonisten in einem Solothurner Restaurant beim Abendessen kurz vor der Aufführung des Films an den diesjährigen Solothurner Filmtagen zu beobachten, konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich hier zwei gefunden haben, die voneinander profitierten. Es war ein Anblick wie Vater und Sohn; Sohn Jonas war ausgesucht höflich und fast etwas schüchtern, und Vater Erwin gab Anweisungen wie er sich vorstellte, dass der Abend im Landhaus verlaufen sollte. Dieser Eindruck bestätigte sich dann bei der Projektion, es war Erwin Mürner, der mit ungebrochenem Selbstbewusstsein verkündete, dank ihm habe Jonas Meier seinen Film realisieren können. Jonas Meier ist ein junger, aufstrebender Absolvent der HGK Luzern, er ist in den letzten zwei Jahren bereits mit einigen experimentellen Musikvideos aufgefallen. Diese wurden zwar mit zahlreichen Preisen bedacht, doch es waren Filme für Insider. Dass er nun den Weg zum breiten Publikum gefunden hat und dennoch seinen skurrilen Humor – der bereits diese früheren Filme kennzeichnete – beibehalten konnte, hat er in der Tat seinem so unerschrockenen wie väterliche Protagonisten zu verdanken. Wenn man berühmt werden will, muss man manchmal ein paar Vorbehalte über Bord werfen, und trotz aller Einwände ist „Mürners Universum“ einfach ein verdammt gut gemachter und clever gestalteter Dokumentarfilm.

Übrigens: Die Homepage des Films (www.murnersuniversum.ch) ist mit zahlreichen Homevideos von Erwin Mürner verlinkt – wer noch nicht genug hat von dem schrulligen Rentner und ihn ungefiltert und ausserhalb seiner Ufo-Welt erleben will, der ist hier gut bedient.

Kritiken

National
- Doris Senn für cinemabuch.ch
- Rolf Breiner für cineman.ch
- Stefan Busz für landbote.ch
- Jonas Meier über seinen Film in solothurnerzeitung.ch
Offizielle Website Verleiher
www.murnersuniversum.ch Xenix Film

Kommentare

Um deine Meinung publizieren zu können, musst du dich anmelden oder - als Neuabonnent - registrieren.